Marktrollenverwirrung im Energiesektor: Stadtwerke Sankt Augustin fordern transparente Zuständigkeitsklärung durch Westnetz und Westenergie Metering

Marktrollenverwirrung im Energiesektor: Stadtwerke Sankt Augustin fordern transparente Zuständigkeitsklärung durch Westnetz und Westenergie Metering

Sankt Augustin, 23. Juni 2025 – Die Stadtwerke Sankt Augustin GmbH nehmen Stellung zu einem aktuellen Beschwerdefall aus dem Stadtgebiet, bei dem ein Stromkunde trotz wochenlanger Bemühungen keine Klärung hinsichtlich eines defekten Stromzählers erhielt. Der Fall steht exemplarisch für die strukturellen Probleme bei der operativen Abgrenzung der Verantwortlichkeiten zwischen Verteilnetzbetreiber, Messstellenbetreiber und Energielieferant.

Westnetz GmbH als Netzbetreiber – Westenergie Metering GmbH als Messstellenbetreiber
Im Netzgebiet der Stadt Sankt Augustin nimmt die Westnetz GmbH die Rolle des örtlichen Verteilnetzbetreibers gemäß § 3 Nr. 17 EnWG wahr. Zugleich ist die Westenergie Metering GmbH, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Westenergie AG, als grundzuständiger Messstellenbetreiber gemäß § 3 Nr. 7 Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) verantwortlich für Einbau, Betrieb und Wartung der Messeinrichtungen.

In dem vorliegenden Fall wurde ein anomales Verhalten eines Stromzählers festgestellt: Der Zähler registrierte weiterhin Verbrauch, obwohl sämtliche Sicherungen abgeschaltet und die Anschlusskreise physisch getrennt waren. Trotz dieser nachgewiesenen Störung kam es in der Folge zu einem Zuständigkeits-Pingpong zwischen verschiedenen Akteuren des Strommarktes – darunter die Westnetz GmbH, die Westenergie Metering GmbH und mehrere Stromlieferanten –, ohne dass der betroffene Bürger eine verbindliche Aussage oder eine Lösung erhielt.

Rechtlicher Hintergrund und Marktregeln
Gemäß § 40 Abs. 5 MsbG ist der grundzuständige Messstellenbetreiber zur sachgerechten Prüfung und Wartung der Messeinrichtung verpflichtet. Darüber hinaus sehen die von der Bundesnetzagentur (BNetzA) veröffentlichten Festlegungen zur Marktkommunikation (MaKo) und zu den Marktprozessen für die Energiewirtschaft (MPES) eindeutige Verfahren zur Weiterleitung von Störungs- und Klärungsfällen vor – einschließlich klarer Rückmeldepflichten innerhalb der Marktpartnerkommunikation.

In der Realität jedoch versagen diese Prozesse regelmäßig an fehlerhaften Stammdaten, unklaren Marktrollenübernahmen oder verzögerter Kommunikation zwischen den Beteiligten. Die Bundesnetzagentur hat in mehreren Veröffentlichungen – u. a. im Monitoringbericht 2023 und in der Festlegung BK6-20-160 – auf diese Vollzugsdefizite im Messstellenbetrieb hingewiesen.

Position der Stadtwerke Sankt Augustin
Die Stadtwerke Sankt Augustin sind im vorliegenden Fall nicht als Stromlieferant eingebunden und daher nicht primär verantwortlich. Gleichwohl sehen sie sich in der Pflicht, aus der Perspektive eines kommunalen Stadtwerks im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger auf die tiefgreifenden Probleme im Marktmodell hinzuweisen:

"Es ist unzumutbar, dass ein Bürger über Wochen keine Klärung erfährt, weil sich zentrale Akteure gegenseitig auf ihre begrenzten Marktrollen berufen. Wer als Netzbetreiber und Messstellenbetreiber fungiert – wie hier die Westnetz GmbH und die Westenergie AG bzw. deren Tochtergesellschaft Westenergie Metering – trägt im Ergebnis die Verantwortung für die technische Integrität und Kundenzufriedenheit im Strommarkt," betont Marcus Lübken, Geschäftsführer der Stadtwerke Sankt Augustin. "Es ist mittlerweile bei der Westenergie Metering und bei der RheinEnergie AG an der Tagesordnung, das selbstgeschaffene Chaos im Messwesen in einem "Schwarzer-Peter-Spiel" auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger auszutragen. Das ist weder professionell noch vertrauenerweckend", fügt Marcus Lübken ergänzend hinzu.

Forderungen an die Marktpartner
Die Geschäftsführung der Stadtwerke fordert die Westnetz GmbH und die Westenergie Metering GmbH mit Nachdruck auf,

  • die technische Verantwortung für die betroffene Messeinrichtung zeitnah wahrzunehmen,
  • öffentlich nachvollziehbar darzustellen, warum es trotz nachgewiesener Störung zu keiner Reaktion kam,
  • die internen Prozesse zwischen Netz und Messstellenbetrieb zu überprüfen, insbesondere hinsichtlich ihrer Wirksamkeit im Störungsfall,
  • und eine kundenfreundliche Eskalationsstruktur zu schaffen, die auch im Fall unklarer Lieferantenverhältnisse greift.

Zugleich appelliert die Geschäftsführung an die Bundesnetzagentur, die bestehenden Marktprozesse einer kritischen Prüfung zu unterziehen und verbindlichere Verfahrensregeln für Eskalationen und Fehlerfälle vorzusehen.

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